Vicente Ferreira Pastinha 1889 – 1981

»Freund, aus dem Staub erschaffen, wurde ich schon von der Natur dazu bestimmt ein Capoeira-Spieler zu sein. Ich habe gelernt meine Willenskraft aus der Fröhlichkeit zu schöpfen und nicht aus der Traurigkeit.«

M. Pastinha

Die Kindheit

Vicente Ferreira Pastinha wurde am 15. April 1889 als Sohn eines Spaniers und einer afrikanischstämmigen Brasilianerin geboren. Sein Vater war Händler im historischen Zentrum von Salvador-Bahia, seine Mutter war Wäscherin und verkaufte Acarajé. Schon im Alter von 8 Jahren lernte Pastinha die Kunst der Capoeira kennen. Ein Afrikaner, den er liebevoll Onkel Benedito nannte, lehrte ihn diese Kunst, nachdem er gesehen hatte wie Pastinha ständig von einem älteren und stärkeren Jungen verprügelt wurde.

Die Jugend

Vormittags ging Pastinha zur Kunst- und Handwerksschule, wo er das Malen lernte. Mit 13 Jahren wurde er unter den Kindern bereits wegen seiner Geschicklichkeit im Capoeiraspiel respektiert. Einige Jahre später mu¤te er auf Drängen seines Vaters, dem das Capoeira-Spiel nicht passte, eine Lehre als Matrose machen. Dort lernte er die Geheimnisse der Meere kennen und begann Capoeira zu unterrichten. Mit 21 Jahren kehrte Pastinha zurück in das historische Zentrum von Salvador, um dort den Malerberuf auszuüben. Sein Capoeira-Training mu¤te er geheim halten, da es noch immer per Gesetz verboten war und unter Strafe stand.

Sein Leben und Werk

Im Februar 1941 gründete Pastinha im Alter von 52 Jahren das Sportzentrum für Capoeira Angola auf dem Pelourinho-Platz in Salvador. Disziplin und Organisation waren die Grundlage. Seine Schüler trugen eine schwarze Hose und ein gelbes T-Shirt - die Farben seiner Lieblingsfußballmannschaft: Clube de Ypiranga.

Das Sportzentrum war der ideale Ort für alle, die die Kunst der Capoeira liebten. Meister, Lehrer und Schüler suchten dieses Zentrum auf. Die Rodas waren offen sowohl für Capoeiristas aller Varianten, als auch für Besucher und Interessierte.

Pastinha reiste in viele Länder der Welt, um dort die Capoeira aus Brasilien zu zeigen. Er nutzte alle seine Talente um die Capoeira der Öffentlichkeit näher zu bringen: Er schrieb Bücher und Gedichte, stellte Schautafeln her und nutzte die Malerei um die Grundlagen von Angriff und Verteidigung zu unterrichten. Er organisierte Vorführungen, damit diejenigen, die die Schönheit der Capoeira noch nicht kannten, sie würdigen und bewundern konnten. Er motivierte Männer, Kinder und Frauen und sogar die Ehefrauen seiner Schüler, Capoeira zu lernen. Er war der Überzeugung, daß sie für alle Menschen sei.

Als Pastinha 84 Jahre alt war, wurde ihm das Sportzentrum von der Regierung weggenommen und mußte nun mit seiner zweiten Ehefrau Dona Maria Romélia, liebevoll Dona Nice genannt, in ein winziges Zimmer ziehen. Zum Überleben waren sie auf Dona Nices Verkauf von Acarajé und die Unterstützung von Freunden angewiesen – die einzigen finanziellen Mittel, die ihnen zur Verfügung standen.

Am 13. November 1981, einem Freitag, starb Pastinha in einem Altenheim in Salvador/Bahia an einem Herzinfarkt. Er war zu dieser Zeit blind und gelähmt, besiegt von der Krankheit und seinen elenden Lebensbedingungen.

»Wenn ich sterbe, werden einige vor Freude lachen, andere aber wegen ihres schlechten Gewissens.«

M. Pastinha

Pastinha hinterließ nicht nur eine vorbildliche Lebensphilosophie und Lehrmethoden zum wahren und traditionellen Unterricht dieser großartigen Kunst "Capoeira Angola". Er war auch vorbildlich in seinem Respekt gegenüber der Verschiedenartigkeit der Menschen und seiner Wertschätzung der Individualität.

»Die Capoeira ist vergeistigt und verkörpert im ICH eines jeden.«

»Jeder Einzelne ist jeder Einzelne.«

»Die Capoeira ist unter allen Kämpfen dieser Welt der liebevollste. Gott hat bestimmt, daß sie rein und schön sei.«

M. Pastinha